Donnerstag, 23. Mai 2013

Grummelmama

Bevor ich Mutter wurde, unterschied mich nicht viel von dem Menschen, der ich als Teenager war. Genau genommen hatte ich vom Zeitpunkt meines Auszugs aus dem elterlichen Nest bis zur Entbindung meiner ersten Tochter mit 29 permanent das Gefühl, ich würde das Erwachsenenleben nur spielen. Ich tat, was ich wollte und wann ich es wollte. Ich aß, wann ich wollte, schlief, wann - und vor allem: so lange - ich wollte und ließ mich zusammen mit meinem heutigen Mann seicht durchs Studentenleben treiben.

Während der Schwangerschaft dann malte ich mir das Muttersein in den schillerndsten Farben aus. Wie alle werdenden und leider auch seienden Mütter fiel ich auf das werbeträchtige Klischée herein, das uns armen Frauen vermittelt, Mama müsse immer lächelnd, gut gelaunt und voll positiver Energie durch die Welt schweben. Müde, vielleicht, aber nie schlecht gelaunt oder vollkommen am Ende.

Nach einer zugegeben wunderschönen spontanen Entbindung war ich dann recht schnell im wahren Mutterleben angekommen. Und ich kann sagen, dass ich wohl vor lauter wunden Brustwarzen, durchwachten Nächten und nie enden wollenden Sorgen irgendwie das Lächeln, die gute Laune und die positive Energie etwas aus dem Blick verloren hatte. Aber das behielt ich für mich. Denn in einer Stadt voller stillender, tragender und Biolatschen verehrender Vollblutmütter hatte ich nicht das Gefühl, besonders gut anzukommen, wenn ich mit der Wahrheit rausrücken würde - schon gar nicht, weil ich mit einem Flaschenkind im Kinderwagen und High Heels an den Füßen schon rein äußerlich nicht mit Freude empfangen wurde.

Doch zu Hause war das anders. Der Mann und das heranwachsende Kind wurden überschüttet mit Mamas wechselnden Gefühlen und Launen. Und so eröffnete mir mein Engel dann auch eines Morgens, dass sie mich auch liebhätte, wenn ich die Grummelmama sei. Und so kam ich zu meinem Namen. Ich werde in die Geschichte eingehen als die Mutter, die schlechte Laune hat. Die Mutter, die ihre Kinder aus dem Zimmer wirft, wenn sie sich schminkend und Haare glättend fürs Einkaufen fertigmachen möchte. Die Mutter, die mindestens einmal in der Woche die Welt und alle in ihr Lebenden verflucht und sich wieder ins Teenageralter zurückwünscht. Die Mutter, die sich auf kinderfreie Abende freut und keinen Hehl daraus macht. Die Mutter, die Familienbetten für den schlimmsten Fluch der Menschheit hält und eine gute Schlaferziehung der Brut auf ihre Fahnen geschrieben hat. Die Mutter - und jetzt kommt der wichtigste Punkt - die es hasst, immer erwähnen zu müssen, dass sie ihre Kinder liebt, bevor sie sich über etwas beschweren darf. Denn mal ehrlich: Sollte das nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden? Selbst bei einer Grummelmama?

Willkommen in meinem Leben. Und für alle neuen LeserInnen kurz die Fakten, damit man sich gleich wieder ausklinken kann:
Ich bin totale Impfbefürworterin, halte die Schulmedizin für ziemlich genial, finde Ohrringe bei Babys absolut daneben, verurteile alle rauchenden und alkoholkonsumierenden Schwangeren aufs Übelste - und rücke von eben beschriebenen Fakten auch kein Stück ab.

Noch dabei? Dann viel Spaß mit der Grummelmama (alt), der Maus (4), dem Mäuschen (10 Monate) und dem Mann (auch alt).

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