Donnerstag, 13. Februar 2014

Generation Bitchiness - oder: Wie Lego uns das Fürchten lehrte?

Also langsam gehen mir die ganzen Diskussionen über Lego-Farben und Puppen-für-Jungs-Gespräche wirklich genauso auf den Dottersack wie die Gender-Streitereien der Feministinnen. Meine Güte, gibt es denn wirklich nichts mehr, worüber man sich streiten kann auf dieser Welt als über die Farbe irgendwelcher Plastiksteinchen oder die Angst vor falschem Spielzeug für die Kinder?

Lego, das am meisten breitgetretene (aua) Spielzeug zu diesem Thema. Oder Playmobil.
Früher, in den 1980ern meiner bescheidenen Kindheit, gab es keine Unterscheidungen zwischen "Jungsspielzeug" und "Mädelskram". Da gab es Abendteurer, Indianer, Cowboys, Piraten, Feuerwehr, Polizei, Ritter, Kindergärten, Krankenstationen und ähnlichen mehr oder weniger "alltäglichen" Irrsinn. Und da hatten halt alle Männeleins oder Frolleins rote und grüne und gelbe Plastikklamotten an. Mehr hatten wir nicht und mehr wollten wir somit eben auch nicht.
Heute werden die Spielsachen von Lego und Playmobil in die Kategorien "Mädchen = rosa" und "Jungs = alles andere" unterteilt. Vom Hersteller. Die Jungsallesanderemänneleins sind Abendteurer, Indianer, Cowboys, Piraten, Feuerwehrmänner, Polizisten und Ritter, die Mädchenrosafrolleins mit häufig gewagtem Outfit sind Kindergärtnerinnen oder Krankenschwestern, Hunde- oder Pferdesalonbesitzerinnen, Yachtclubchillerinnen und machen unfassbar viel mit geflügelten oder ungeflügelten Einhörnern und deren elfenhaften Besitzerinnen. Der Mann und ich nennen die Mädchen-Legos (Lego friends) übrigens liebevoll "Lego Bitch World". Aber das nur am Rande.

Soweit die Fakten. Immer, wenn ich mit der Maus also losziehe, um etwas von Lego oder Playmobil für sie zu besorgen oder wenn sie sich etwas wünschen darf, geht also dieses "Das ist aber für Jungs"-Gedöns los, was mich total nervt und gleichzeitig amüsiert. Sie ist gerade in einer sehr extremen Rosa-Phase - und das nicht nur, was die direkte Farbwahl angeht. Das ist eher so ein grundsätzliches Einstellungsding. Rosa im Kleiderschrank UND im Kopf. Für sie besteht die Welt gerade eben aus Prinzessinnen, Ein- oder Keinhörnern, Feen und pinken Hundesalonbesitzerinnen. Ihre Kleidung muss rosa, lila oder pink sein, ihre Haare lang und ihre Fingernägel glitzerbelackt. Das hat SIE sich aus dem Angebot der Hersteller und dem ihres Umfeldes so ausgesucht und ich unterstütze das gerne, weil ich es schlicht und ergreifend nicht schlimm finde.

ABER: Warum heißt es immer, dass DAMALS alles besser, schöner und geschlechtsneutraler war? Es gab eben noch keine Farbunterscheidungen bei dem Kram, aber HÄTTE es sie gegeben, hätten die Mädels der 1980er Generation sicher auch die rosa Burgfrolleins den Piraten vorgezogen. Und ja, ich hatte einen besten Freund, der mit seinen He-Man-Figuren Mutter, Vater, Kind mit mir spielen musste. Ganz ohne rosa Feen kam ich auf diese Idee! Weil ich ein Mädchen war. Sein durfte. Bin. Meine Frage ist nur, warum verteufelt man immer die Hersteller und die "Gesellschaft" (Wer ist die denn? Sind nicht WIR das?)? Ich bin ja noch immer der naiven Meinung, dass wir, ich als Mutter oder der Mann als Vater, doch noch mehr Macht über die Einstellungen unserer Kinder haben als Playmobil oder Lego. Und die Erziehung ist das, was am Ende aus Kindern Männer und Frauen macht, die sowohl als Ritterinnen als auch als Kindergärtner durchs Leben gehen können.
Mit vier Jahren finde ich das noch vollkommen in Ordnung und sogar nachvollziehbar. Irgendwann jedoch werde ich der Maus, sei es denn dann noch notwendig, die gewisse Portion Realität mit auf ihren Weg geben, auf dem sie dann eines Tages selbst entscheiden kann, ob sie rosa oder grün oder blau tragen möchte. Und wenn ich einen Sohn hätte, der eine Puppe wollen würde, dann würde er sie bekommen. Und wenn er nur mit blauen Autos und Piratenschiffen spielen wollen würde, dann würde ich ihn lassen. Doch ich werde meine Vierjährige nicht dazu zwingen, sich eine Ritterburg zu wünschen - ebensowenig, wie ich meinen Sohn zwingen würde, stolzer Besitzer eines Prinzessinnenschlosses mit Einhörnern zu werden.

Lasst doch die Kinder einfach mal Kinder sein, egal in welche Rollenbilder sie sich einspielen oder reindenken wollen. Ich verstehe dieses ganze Gewese darum wirklich nicht. Haben wir wirklich keine anderen Sorgen mehr heute? Und nein, ich sehe das auch nicht als die berühmte (und echt abgenutzte) Spitze des Eisberges. WIR sind die Eltern und WIR lenken die Lebensbahnen unserer Kinder. Und wenn WIR es nicht schaffen, uns über Spielzeughersteller stellen zu können, dann läuft bei UNS was falsch und nicht bei Lego. Jammern und Probleme suchen auf verdammt hohem Niveau nenne ich das.

Wir werden alle in die Geschichte eingehen als "Die Generation Jammer". Gratulation.

10 Kommentare :

  1. Ich muss mal schnell ein uneingeschränktes "genauso isses" hinterlassen.....Lg

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  2. Ich auch. Applaus, applaus. Obwohl ich auf der "blauen" Seite stehe. Ich lasse aber meine Jungs auch mit rosa Sachen spielen, wenn sie das wollen. Is nur ne Farbe.

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  3. Farbige Kleidung ist gemeingefährlich. Rosa Mädchen werden zu Barbies. Blaue Jungs werden zu Machos. Und in allen Farben des Regenbogens gekleidete Kinder sind auf dem besten Weg zum anderen Ufer. Tragt Jute!

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    1. Haha, jetzt musste ich echt laut lachen! DAS ist die Lösung! Gleich shoppen gehen! ;)

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  4. Diese Diskussion ist wirklich... örgs! Ich habe mir zuvor nieee solche Gedanken gemacht. Das Kind trägt halt Kleidung, die es mag. Welche Farbe diese hat, spielt dabei keine große Rolle.
    So sind wir schon durch die extreme Pink-/Rosa-Phase, haben die Lila-Phase hinter uns gelassen und stecken nun in der Türkis-Phase. Mal sehen, was als nächstes kommt ;)
    Bei den Spielsachen ist das eigentlich genauso. Das Lego-Friends steht hier hoch im Kurs, ebenso aber auch das Polizei-Set und ähnliches. Töchterchen hatte eine Phase, in der sie kleine Autos liebte und überall eins mit hin schleppte. War das wohl falsch? hihi

    Jute finde ich auch gut. Aber ich glaube, das Türkis-liebende-Kind würd' mich hassen. :D

    Liebe Grüße,
    die Alltagsheldin

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    1. Ich glaube, wenn ich das bei dir lese, hast du einfach alles genau richtig gemacht - denn es durchmischt sich alles! Find ich klasse :)

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  5. Tut mir leid, ich kann dir nicht ganz zustimmen.
    Wenn ich für meinen Sohn unisex-Klamotten aus dem H&M kaufen will, ist es schier unmöglich etwas zu finden, dass nicht ganz klar Jungs oder Mädels ist.
    Oder als ich damals meiner Schwester gezeigt habe, dass sie nicht als Prinzessin/Krankenschwester gehen muss an Fasnacht, sondern auch als Ärztin oder Polizistin. Ihre Antwort war, aber schau in dem Katalog haben nur Jungs das an.
    Und ich finde es eben falsch, wenn in einem Spielwarenladen Schminktaschen für unter 2-jährige Mädels angeboten werden.
    Das ist einfach nicht ok. Ich finde Kinder sollten die freie Wahl haben. Also sollte die Industrie alles für beide Geschlechter anbieten.
    Zum Beispiel eine Krankenpflegeruniform zu Fasnacht.

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    1. Huhu Mupfens!

      Bei Klamotten sieht die Sache ja eigentlich ähnlich aus wie bei Spielsachen. Oder Ü-Eiern. Ich finde nicht, dass es so schwer wäre, unisex-Klamotten zu finden. Aber meine Tochter findet im Moment eben alles, was NICHT rosa ist, Jungskram. Dabei gibt es genügend, was gelb oder grün oder rot oder türkis ist. Bei Babysachen fand ich es schwerer.
      Aber genau diese Dinge meinte ich ja beim Beispiel Spielzeug: Wenn Kinder nie aufhören, in diesen Kategorien zu denken, dann haben wir als Eltern an einem bestimmten Punkt den Absprung nicht geschafft. Schon alleine, dass überhaupt noch in diesen Kategorien gedacht wird. Ist doof, aber so ist das wohl.

      Und die Sache mit den Schminksachen: DA muss ich dir komplett recht geben. Das finde ich auch unnötig und total daneben. Das hat aber nichts mit der Sache an sich zu tun - wobei: Wer KAUFT das denn Kindern in dem Alter? Die Eltern. Genau. Und da schließt sich der Kreis für mich wieder :)

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